Der Cifraszûr - ein großer, reich bestickter, oft mit Applikationen versehener Mantel aus Szûrposztó - ist eines der beliebtesten und im ungarischen Volkslied am häufigsten besungenen Kleidungsstücke. Dieses für die unteren Gesellschafts-schichten charakteristische, repräsentative Kleidungsstück wurde von Hirten, Junggesellen und den Würdenträgern des Dorfes als eine Art Überrock, üblicherweise um die Schultern gelegt, getragen.
Den ersten Volkskundlern diente der Mantel mit seiner ausgeprägten Ornamentik zunächst als Bestätigung einer in der fernen Vergangenheit verankerten östlichen Herkunft der Ungarn. Heute verweist man jedoch auf die umfangreichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen im Ungarn des 19. Jahrhunderts als Grundlage für die kollektive Entdeckung und modische Adaptierung des Cifraszûr. Der Wirtschaftsaufschwung zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat auch die bäuerliche Kultur nicht unberührt gelassen. Besonders die Bewohner der westungarischen Dörfer profitierten von dieser Entwicklung. Die Bauern konnten sich teurere Textilien leisten, und die Kleidungsstücke, die sie daraus fertigen ließen, betonten ihr bäuerliches Selbstverständnis in immer größerem Maße. Ein ähnlicher Wandel setzte auch in anderen Bereichen der Volkskunst ein, in der sich ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts so genannte Bauernstile entwickelten. Die Ausstattung des bäuerlichen Hauses wurde immer reicher, da nun auch für festlichen, repräsentativen Hausrat Geld vorhanden war.
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