Kleidung und Sprache waren in Ungarn stets auf ganz besondere Art mit nationalen Bestrebungen und politischem Widerstand verbunden. Die ungarische Tracht, die sich im Bereich der Herrenbekleidung an die türkische Kaftan/Hosen-Kombination anlehnte (was übrigens auch für die russische und polnische aristokratische Kleidungstradition galt), war gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch den Einfluss europäischer Modeströmungen im Verschwinden begriffen. In den Maßnahmen von Josef II. (die Stephanskrone kam nach Wien, die deutsche Sprache wurde zur alleinigen Amtssprache im Reich usw.) sahen die ungarischen Adeligen einen Angriff auf ihre nationale Selbstbestimmung und aristokratischen Vorrechte. Sie protestierten dagegen unter anderem durch die neuerliche Verwendung ,,nationaler" Kleidung: ,,Und die Ungarn standen auf, die, die deutsches Gewand angelegt hatten, schmissen dieses fort, ließen sich Schnurrbärte wachsen, und auch die Deutschen plauderten Ungarisch."
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts versuchte die ungarische Aristokratie mit neuen Strategien gegen den Kaiserhof anzutreten. Man schlug sich auf die Seite der Bürgerlichen und verschrieb sich dem Liberalismus. Die ungarische liberale Reformbewegung (Reformzeit 1830-1848) trieb neben der Auflösung der feudalen Verhältnisse eine völlige neue Idee der nationalen Selbstbestimmung voran: Man wollte nur mehr durch die Person des Herrschers an das Habsburgerreich gebunden sein. In dieser Bewegung erhielt die Tracht neuerlich eine zentrale Symbolik. Quer durch alle Gesellschaftsschichten wurde sie nun sowohl bei höfischen Zeremonien als auch auf Veranstaltungen rund um Komitatsversammlungen sowie bei Parlamentssitzungen getragen.
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